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Karl Wiesinger: Digitale Edition der Tagebücher (1961–1973)

Hosting-Organisationen
Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich und Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities (ZIM-ACDH)
Verantwortliche Personen
Helmut Neundlinger
Beginn

Der Linzer Autor und Publizist Karl Wiesinger (1923-1991) war ein Mann der Extreme, nicht nur im politischen Sinn: Bis zuletzt überzeugter Kommunist und zuweilen Verehrer so dunkler Figuren der Geschichte wie Stalin und Mao, führte er über 40 Jahre hinweg ein Tagebuch, dessen Umfang und Radikalität seinesgleichen sucht.

Als der Nachlass Wiesingers im Jahr 2012 von einer Nichte des Autors an das Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich übergeben wurde, fanden sich darin neben Typoskripten und Dokumenten zu Leben und Werk auch die Tagebücher, allerdings nur jene aus den Jahren 1961 bis 1973, der Rest muss als verschollen gelten. In Kooperation mit dem Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung und dem Zentrum für Informationsmodellierung der Uni Graz wurde im Herbst 2017 eine umfassende Edition der verbliebenen Tagebücher vereinbart und in Angriff genommen.

Die Tagebücher umfassen im Original rund 750 eng beschriebene Typoskriptblätter. Die mittels Texterkennung zunächst in ein Word-Format umgewandelte Textmenge belief sich auf ein Dokument von ca. 850 Seiten (ca. 2 Millionen Zeichen). Inhaltlich begleitet das Tagebuch einerseits Wiesingers schriftstellerische Entwicklung vom Dramatiker zum Romancier, andererseits die für diesen Schritt nicht unwesentliche Zuspitzung des Kalten Krieges zwischen West und Ost. Berücksichtigt man die in den Tagebüchern wiederkehrenden Rückblenden zur eigenen Biographie bis in die Kindheitstage zurück, lässt sich dem Dokument eine umfassende Bedeutung hinsichtlich Leben und Werk Wiesingers zuschreiben.

Die digitale Edition umfasst:

  • eine biographische Einführung zu Karl Wiesinger, die seinen komplexen Lebenslauf darstellt und die mit ausgewählten Dokumenten-Scans aus dem Nachlass illustriert ist;
  • die direkte Kommentierung des Textes mittels Register (Personen, Orte, Institutionen als TEI-Dokumente mit Verknüpfungen zu Normdateien wie GND, VIAF und GeoNames sowie weiterführenden Links; Schlagworte modelliert als SKOS-Thesaurus);
  • überblicksartige Kommentare zu jenen thematischen Schwerpunkten, die sich in den Tagebüchern über die Jahre herauskristallisierten und entwickelten. Dies sind – neben den Reiseberichten, die eine Art autonomes Subgenre im Tagebuch darstellen – biographische, werkgeschichtliche sowie politische Kategorien. Diese insgesamt neun Themen werden in den Originaltexten annotiert und in der Webanzeige als eigene Features farblich markiert ausgewiesen. Sichtbar werden dadurch auch zeitlich bedingte Konjunkturen bzw. persönliche Entwicklungen am Korpus der Tagebücher entlang.

Die Digitale Edition wurde mittels des Geisteswissenschaftlichen Asset Management Systems (GAMS) am Zentrum für Informationsmodellierung umgesetzt.

Für die digitalisierten Tagebuchtexte wurde gemäß der Richtlinien der Text Encoding Initiative ein Datenmodell entwickelt. Die Annotation erfolgte mittels vordefinierter Formatvorlagen für die jeweiligen Entitäten (z. B. Personen, Orte, Institutionen) und anderen Informationen (z. B. Datumsangaben, Anonymisierungen oder Auslassungen durch den Editor) in Word-Dokumenten. Die annotierten Word-Dokumente wurden mit OxGarage und XSLT-Stylesheets nach XML/TEI transformiert und letztendlich als TEI/XML-Dokument pro Jahr persistent zitierbar in der GAMS langzeitarchiviert. Mittels XSLT-Stylesheets werden die TEI-Dokumente on the fly im Web zur Anzeige gebracht, wobei hier das CSS-Framework Bootstrap genutzt wird.