
DHd2026: Call for Papers
DHd2026: „Nicht nur Text, nicht nur Daten“
Jahrestagung des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum, ausgerichtet von der Universität Wien
23–27 Februar 2026. Einreichungsfrist: 1. August 2025
Zahlreiche geisteswissenschaftliche Disziplinen haben in den vergangenen Jahren durch digitale Erfassung kultureller Erzeugnisse und abstrakte Modellierung von Information die Grundlage ihrer Erkenntnisarbeit signifikant erweitert. Ausgangspunkt dafür war vor allem die Erstellung von Textkorpora, Entwicklung von Algorithmen und Interfaces für die Analyse von Texten. Nach und nach hat eine Erweiterung des Feldes stattgefunden, so dass inzwischen vermutlich sämtliche “Objekte” der Geisteswissenschaften digital erfasst und zunehmend miteinander analytisch verknüpft werden können: Personen, Orte, Objekte der materiellen Kultur, Begriffe, Kunstwerke, sprachliche Interaktionen etc. Wir schlagen vor, die Herausforderungen, die sich aus dieser Erweiterung über Text und Daten hinaus ergeben, als Motto der Konferenz aufzugreifen: nicht indem wir textzentrierte Ansätze ausschließen, sondern indem wir sie in einen breiteren Kontext stellen.
Fächer wie Kunstgeschichte, Archäologie und Museumswissenschaft produzieren und analysieren traditionell Datenbestände aus dem Bereich der materiellen Kultur – Klimadaten, Landschaftsprofile oder Bildraster, aber auch materialanalytische Daten, bis hin zu humanbiologischen Daten (Genetik, aber auch solchen der Perzeption: Eye-Tracking, EEG, fMRT, etc.). Erst die informierte Zusammenschau mit hermeneutisch gewonnener Erkenntnis rundet ein aus Kontext erzeugtes historisches Bild ab, das zunehmend aus der Analyse unterschiedlich gearteter Datenbestände gewonnen wird.
Datenerzeugung steht aber nicht am Ende, sondern vielmehr am Anfang zeitgemäßer Projekte. So finden sich digital arbeitende Geisteswissenschafter*innen immer häufiger in der Situation, nicht nur Daten zu produzieren, sondern auch ein adäquates algorithmisches Rahmenwerk für ihre Analyse zu konzipieren und zu entwickeln. Das schließt den Gebrauch von Techniken des maschinellen Lernens ein, die zuletzt meist unter dem Label der „Künstliche Intelligenz“ diskutiert wurden. Tatsächlich verlieren Daten oft viel an Wert, wenn die algorithmischen Methoden nicht gemeinsam mit ihnen aufbewahrt und gepflegt werden. Dieser Aspekt der Wissensproduktion in Form von Methoden und Funktionen hat bisher in den Digitalen Geisteswissenschaften nicht die nötige Aufmerksamkeit im Hinblick auf Nachnutzung und Replikation erhalten. Der Mangel an klaren Standards bzw. Best Practices stellt jedoch ein fundamentales Problem digitaler Forschung dar. Dasselbe gilt für Interfaces und Skripts jeder Art. Auch hier gilt es, den Dialog mit den einschlägigen Fachrichtungen zu intensivieren.
Code und Algorithmen erfüllen eine Rolle, die nicht weniger wichtig für den transdisziplinären Dialog mit anderen Fachdisziplinen (von der Informatik bis zu den Sozialwissenschaften) ist als die wissenschaftliche Prosa: Solch andere Disziplinen können geisteswissenschaftliche Daten nur dann verstehen, wenn sie nachvollziehen, wie diese interpretiert werden, was wiederum davon abhängt, wie sie prozessiert werden. Insofern ist die Entwicklung, Erhaltung und informierte Diskussion von Code ein zentraler Bestandteil, wenn nicht eigentlich sogar Voraussetzung, transdisziplinärer Auseinandersetzung.
Die Konferenz möchte einen Begegnungs- und Diskussionsraum zur Erörterung dieser Fragen eröffnen. Panels, Vorträge, Workshops und Poster-Sessions bringen Expert*innen aus den Datenwissenschaften, der digitalen Kulturerbeforschung und Archivwissenschaft zusammen mit Vertreter*innen der traditionellen, text- und sprachorientierten DH. Wir freuen uns darauf, einen Ort für Austausch und Reflexion zu schaffen, in dem über Code und Algorithmen, Datenbanken und Archive, Text und Daten nachgedacht wird – und darüber, wie diese Themen die Grenzen der geisteswissenschaftlichen Forschung im positiven Sinn verschieben können.
Wir laden zu Beiträgen zur interdisziplinären Forschungsdebatte ein, die Geisteswissenschaften mit computergestützten Methoden und digitalen Technologien verbinden, darunter unter anderem:
- Einsatz digitaler Tools und Ressourcen zum Studium geisteswissenschaftlicher Disziplinen, darunter Geschichte, Literatur, Kunst und Kulturwissenschaften
- Untersuchung der Auswirkungen von Technologie auf die geisteswissenschaftliche Forschung und Lehre
- Praktiken bzw. Best Practices rund um Programmierung und Softwareentwicklung in den Geisteswissenschaften
- Wiederverwendung und Anpassung bestehender Datensätze bzw. Algorithmen für neue Forschungsrichtungen
- Studien zur Replizierbarkeit bereits erzielter Forschungsergebnisse
- Nachhaltigkeit und Aufbewahrung sowohl von Daten als auch von Forschungsprozessen; wie greift Datenverwaltung in Algorithmen ein?
- Aktuelle und sich entwickelnde Best Practices für die Arbeit mit nicht-textuellen sowie textuellen digitalen Kulturgütern
- Das Rad (nicht) neu erfinden: Was tun mit Vorverarbeitungsskripten?
- Data Studies und die Übertragbarkeit von Daten und Algorithmen zwischen Disziplinen
- Bibliotheken als Vermittler heterogener Daten und/oder Software-Tools in den Digital Humanities: Zugang, Integration und Wiederverwendung über text- und datenzentrierte Ansätze hinaus ermöglichen
- Fotogrammetrie und Modellierung von Räumen des kulturellen Erbes
- Soundscapes, Musik und Audio in den Digital Humanities
- Multimedia- und Game Studies für die Geisteswissenschaften
- Ethik und Nachhaltigkeit von LLMs
Der vollständige Call einschließlich Einreichungsmodalitäten finden Sie auf der Konferenz-Website:
DHd2026 Website: Call for PapersEinreichungsfrist: 1. August 2025